
Johannes und Renate Ertl - Bioobstbauern aus Leidenschaft
Obst von Hand gepflanzt,
geerntet und verarbeitet -
Weil Veränderung
nur durch das eigene Tun
möglich ist
Ein Wald von Obstbäumen im Waldviertel auf 450 bis 800 Meter Seehöhe. 800 Bäume hat Johannes Ertl dort im Laufe seines Lebens gepflanzt und veredelt. 100 verschiedene Apfel-, Birnen- und Spezialsorten. Überall stehen Leitern und Kisten mit knallroten prallen Äpfeln herum. Es ist Erntezeit beim Obsthof Ertl in Bergern bei Pöggstall. Gemeinsam mit seiner Frau Renate verarbeitet er jährlich auf seinem Hof rund 20 Tonnen Obst zu naturbelassenem Bio-Saft, Most, Sirup, Marmeladen, Kompott etc. Sie werden seit 40 Jahren nur direkt vertrieben.
Ihre Spezialität sind Halbstammbäume, bei denen der Astansatz bei rund 1,50 Meter beginnt, anstatt wie bei Hochstammbäumen bei 1,80 Meter. Alle 6x6 Meter steht bei den Ertls ein Baum. „Damit ein jeder genügend Platz hat, auch wirklich ein Baum sein zu dürfen“, meint Johannes. Denn für ihn sind Bäume keine Produktionsfaktoren, die er auf engstem Raum in strenger Reihe setzt, auf Drähten hochgebunden, damit der Erntezug durchfahren kann. Für ihn ist jeder Baum ein Lebewesen. Und er behandelt sie auch als solche. „Bevor ich einen Baum schneide, schaue ich, was er braucht. Und wenn es eine Umarmung ist“, schmunzelt er verlegen in seinen langen Bart hinein. Und bei der Ernte -ein Geschenk der Natur- ist ein „Danke“ für ihn selbstverständlich. Für jeden einzelnen Baum!
In der industriellen Landwirtschaft ist dafür keine Zeit. Doch in der Bio-Landwirtschaft zählen noch andere Werte. So setzt Johannes bereits bei der Sortenauswahl auf Langlebigkeit, Widerstandskraft und Standorteignung. „Meist sehe ich erst nach 3 Jahren, ob sich ein Baum am Standort wohlfühlt – da machen andere schon Gewinne. Die Ernte beginnt danm erst nach 8 bis 10 Jahren“, so Johannes. Eine Mehrgenerationenwirtschaft. Auch biologischer Pflanzenschutz, u.a. über effektive Mikroorganismen, Mulchen oder Blühwiesen zwischen den Bäumen ist für ihn selbstverständlich. Ebenso wie baumreife Ernte.
Ist das wirtschaftlich noch darstellbar? Als gelernter Elektromechaniker repariert er alles selber, um die Kosten niedrig zu halten. So gibt es zwar keine Geldnot, aber Zeitnot. Erntehelfer jedoch rechnen sich nicht mehr. Deshalb hat Johannes die Sorten so gewählt, dass sie von September bis Dezember reif sind und nicht alles auf einmal geerntet werden will, damit es für das Paar bewerkstelligbar ist.
Warum er sich das antut? Jahrzehntelang war er als Umweltberater und Referent zum Thema biologischer Pflanzenschutz im Obstbau tätig. Bis er gemerkt hat: Missionieren bringt nicht die Veränderung auf unserer Erde, die er sich wünscht, selber tun jedoch schon.
Text: Doris Rasshofer